Heimweh der Expats

„Expats“, so nennt man Menschen, die mit einem hübschen „Financial Package“ ihrer fürsorglichen Konzernmutter versehen auf Empfängen, „Sundowners“ und an Bars der Luxushotels den Respekt genießen, den sie sich nicht verdienen müssen. Auch solche Menschen, die irgendwann im Rotlicht Thailands oder der Philippinen hängen geblieben sind, und auf eher billigen Barhockern ihr Flaschenbier aus dem Styropor-Kühlmantel suckeln, nennen sich bisweilen „Expats“. Schließlich ist da noch die seltene Spezies hart arbeitender Ausländer, die sich fragen, warum sie mit beiden oben genannten Spezies zusammengeworfen und auch „Expats“ genannt werden.

DENKZETTEL

3/16/20152 min lesen

Thought of the day by Gunter Denk
Thought of the day by Gunter Denk

Wenn solche Menschen sich allabendlich oder gelegentlich im Kreise Gleichgesinnter treffen (gegenüber den jeweils anderen Untergattungen empfindet man in der Regel tiefe Verachtung!), bestätigen sie sich zumeist gegenseitig ihre berechtigten und unberechtigten Vorurteile gegenüber den Menschen, die der liebe Gott in all seiner Ungerechtigkeit in dieses schöne Gastland als „Einheimische“ hineingesetzt hat.

So ist der „Expat“ in China fest davon überzeugt, dass die Schöpfungsgeschichte anders verlaufen wäre, wären Adam und Eva nur Chinesen gewesen: Sie hätten den Apfel jedenfalls nicht gestohlen, sondern ihn weggeworfen und die Schlange gegessen. Man isst dort eben alles, was keinen Führerschein hat. Der Expat in Indien wiederum ist sich sicher, dass in seiner wahlheimischen Umgebung ohnehin alles „eins an der Klatsche“ hat und es eine Frage der Zeit ist, wann das ganze Land im Dung der heiligen Kühe versinkt.

So bekundet man sich gegenseitig das Leid des „awful normal life“ als Expat und vergisst, über den europäischen Nachbarn zu lästern, wie man das wiederum an Stammtischen im Bajuwarischen über die Griechen oder in englischen Pubs über die „Germans“ tut.

Wohltuend war da kürzlich eine Gemeinschaftsreise der Europäer aus Bangkok zu Europäischen Handelskammer in Laos. Richtig gehört: Die sich da in Brüssel auf so gut wie gar nichts einigen können, haben in Laos eine gemeinsame Handelskammer. Dort klappt’s, warum eigentlich nicht zu Hause? Uns so kam es, wie es kommen musste: beim abendlichen „Bier Lao“ unterhielten sich friedliche Holländer, Franzosen und Deutsche über die Eigenarten ihrer Heimatländer. Und mit jedem Bier wurden die Eigenarten eigenartiger. Da meinte einer, wie toll es doch wäre, wenn jedes Land in Europa seine Stärken in die Gemeinschaft einbrächte: Die Franzosen wären die Köche, die Engländer stellten die Polizei, die Deutschen die Arbeiter, die Schweizer die Banker und die Italiener wären die Liebhaber in einem derart idealen Europa.

Schon träumte man gemeinsam von einer rosigen Zukunft der europäischen Kultur und von baldiger Heimkehr ins Mutterland. Doch dann meldete sich ein skeptischer Franzose: „Und was passiert“, warf der besorgte Gallier ein, "wenn plötzlich die Engländer die Köche werden, die Deutschen die Polizisten, die Franzosen die Arbeiter, die Italiener die Banker und die Schweizer am Ende noch als Liebhaber herhalten müssen?“ Die Stimmung sank. Erkannte man doch, dass in Brüssel wohl heimlich an diesem Szenario gearbeitet wird.

Nun ja, so schlecht ist denn das Leben als „Expat“, egal in welcher Unterkategorie, in Thailand, Laos oder China dieser Aussicht gegenüber eben auch nicht.

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