Über Berater und Beratene

Ein Fesselballonfahrer verirrt sich hoffnungslos in Wolken und Nebel. Stundenlang treibt es den zu Tode Geängstigten durch weißes Nichts. Da reißt die Wolkendecke für Sekunden auf und tatsächlich steht da unten ein Mensch. "Wo bin ich?" ruft der Verzweifelte fragend aus dem Ballon. "Im Fesselballon!" ruft der Mann am Boden zurück, ehe sich die Wolkendecke wieder schließt. „Wer nun war dieser Mann da unten?“, lautet die (gemeine!) Frage zu dieser Geschichte. Die Antwort: Ein Berater! Denn was der Mann gesagt hat, war völlig richtig. Es hat nur keinem auch nur ein Stückchen weiter geholfen.

DENKZETTEL

3/27/20152 min lesen

Thought of the day by Gunter Denk
Thought of the day by Gunter Denk

Solche und andere Boshaftigkeiten prägen das Bild des Beraters. Berater sind für den richtigen Unternehmer erst einmal Leute, die „zwar den ganzen Kamasutra auswendig gelernt habe", aber noch niemals ein Mädchen kennengelernt haben“.

Wie will man bei solchen Vorurteilen Geschäfte machen? Wie geht man mit solchen Leuten um? Hierzu ein paar Tipps für beide Seiten:

Tipp 1: Du sollst als Berater keine Selbstzweifel erkennen lassen. Der Kunde erwartet zum Schluss der Akquise mit fester Stimme etwa die Worte: "No Problem, das stemmen wir schon!" Stoßgebete wie: "Wie mach ich das, lieber Gott, wie mach ich das nur!", verkneife man sich gefälligst, bis man wieder im Auto sitzt. So strahlt man Kompetenz aus!

Tipp 2: Der Kunde möchten zwar beraten werden, aber gleichzeitig deutlich machen, dass er die Beratung eigentlich nicht braucht. Sätze wie "Ich reise seit Jahren mindestens zweimal nach Asien, die Chinesen kenne ich!" - oder (noch schlimmer) - "Thailand kenne ich! Das liebe ich! Ich kann auch ganz scharf essen. Die Leute sind ja so nett..!“ musst du widerspruchslos hinnehmen! Lass deine Augen niemals deine Gedanken verraten, wie zum Beispiel "Sag' dem guten Mann doch bitte einer, dass Menschen anders reagieren, wenn man ihnen im Urlaub das Geld abliefert, als wenn man umgekehrt an ihr eigenes Geld will.“

Tipp 3: Prahle nicht mit Kenntnissen aus dem Fachgebiet des Beratenen. Das ist drollig bis dämlich. Der Kunde ist das Alpha-Tier, sein Markt ist sein Rudel. Ihm sagen zu wollen, wie es in seinem Rudel abläuft, ist (a) der Hybris sehr nahe und (b) geschäftlicher Suizid.

Tipp 4: Übe dich als Berater in Demut bei Kosten und Spesen. Einem Exportmanager steht es zu, in der Lufthansa-Business-Class einzufliegen und im Hyatt einzuchecken. Wage es al Berater hingegen nicht, den "Hot Seat“ (im Volksmund die „Business Class für Arme") in der Budget Airline zu buchen, der sich - gekennzeichnet durch einen roten Plastikbezug über der Kopfstütze - für 5 Euro bei der Budget Airline vorreservieren ließe. Wen Deiner Kunden erfasst das Mitleid, wenn du ohne Sitzauswahl auf dem Mittelsitz zwischen erstreisenden Dschungelbewohnern endest, die aus diversen Körperöffnungen ebenso diverse Düfte und Geräusche streuen. Falls Du doch buchst, störe dich nicht an Nachfragen wie „Muss dieser Aufpreis sein, Herr Berater? Müssen Sie überhaupt fliegen? In Asien gibt es doch Rikschas!“

Aber jetzt noch ein gemeiner Trick, wie man "Consultants" quält, selbst wenn sie alle Ratschläge oben berücksichtigen:: Wenn Sie einen Berater mit Atemnot und anschwellenden Halsadern nach Worten ringen sehen wollen, dann lassen Sie kurz die Zauberworte "erfolgsabhängiges Honorar" fallen. Wenn einer dann noch gelassen weiter verhandelt, ist er entweder ein unglaublich abgezockter Bluffer, oder er kann wirklich etwas!

Im letzteren Fall wird es womöglich etwas eng, ihn auf das Stundenhonorar eines Bäckergesellen herunterzuhandeln. Dennoch, bei Erfolgshonoraren bleibt als letzter Ausweg immer noch offen, dieses am Ende mit dem Hinweis zu verweigern, so schwer sei ganze Projekt ja im Nachhinein betrachtet gar nicht gewesen. Was soll er darauf schon erwidern?

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